Tran­skript

Sonntag Vormittag im Yoga Haus Ganesha. Eine inten­sive Woche Seminar liegt hinter sechs Teil­neh­menden und dem Leitungsduo Daniela und Julian. Im ganzen Haus wird gepackt. Es herrscht Aufbruch­stim­mung. Julian hat sich mit der Grün­dung von Helden­reise Berlin einen Traum verwirk­licht. Er ist sicht­lich gerührt: Dieses Gefühl ist totale Erleich­te­rung und eine große Freude zugleich. In so viele aufge­weckte Menschen Gesichter zu blicken; dass Verbun­den­heit von Menschen da ist, die sich am Anfang über­haupt nicht kannten. Eine Gemein­schaft mit Gleich­ge­sinnten, ja einfach Mensch sein.

Dieses Mensch sein ist manchmal leichter gesagt als getan. Aus einer Exis­tenz­krise heraus entwi­ckelt der ameri­ka­ni­sche Thea­ter­re­gis­seur Paul Rebillot in den 60ern das Seminar der Helden­reise. Eine Mischung aus Gestalt­the­rapie in Verbin­dung mit Theater, Phan­ta­sie­reisen, Medi­ta­tion und Grup­pen­pro­zessen. Drama­tur­gisch verlief das Seminar entlang der klas­si­schen Helden­ge­schichte. „Keine ganz neue Idee.“, erzählt Helden Reise­lei­terin Daniela. Es ist einfach so, dass wir Menschen vor vielen, vielen Jahren über Theater sozu­sagen unsere Psyche gerei­nigt haben. Im Grie­chi­schen Theater, zum Beispiel, hat man sich iden­ti­fi­ziert mit einzelnen Charak­teren und einzelnen Rollen. Und so machen wir das heute als moderner Mensch über Filme und Märchen und Mythen. Ein biss­chen ist Helden­reise wie Herr der Ringe schauen nur, dass wir selbst zum Prot­ago­nisten werden – durch das eigene Mordor, das eigene Auen­land Reisen; uns anschauen, welche Frodo Anteile gibt es in mir. Mit dem Gollum und Sauron in einen Dialog treten. Einmal dem inneren Gandalf lauschen. Du musst nun entscheiden, was du mit der Zeit machen willst, die dir gegeben ist.

Leiterin Daniela wünscht jedem Menschen die Möglich­keit, ein solches Seminar einmal zu besu­chen. Weil es eine Möglich­keit ist, einmal mit einer Lupe dein Leben zu betrachten. Den genauen Ablauf­plan gibt’s für die Teil­neh­menden vorher nicht. Das Unbe­kannte macht nicht nur einen Teil des Zaubers aus, sondern ist auch wichtig. Leiterin Daniela zum Beispiel ist sich nicht sicher, ob sie sich mit Einblick in die genaue Agenda auf die Reise einge­lassen hätte. Vor ihrer ersten eigenen Helden­reise ist Daniela Poli­zistin. Das Seminar prägt sie so stark, dass sie die Uniform an den Nagel hängt und eine Ausbil­dung zur Gestalt­the­ra­peutin macht. Ein Schritt, den sie nicht bereut. Wenn ich spüre, dass sich Menschen öffnen und ich spüre auch ihren Wider­stand, ihre Angst; derje­nige hat alles getan, was er in dem Moment tun konnte und zeigt sich den Anderen. Das sind die Momente, wo ich spüre: es ist so schön, einen solchen Rahmen zur Verfü­gung zu stellen. „Das kann einem locker mal 2 Jahre Therapie sparen.“, verspricht Leiter Julian.

Das Geheimnis liegt darin, die eigene Komfort­zone zu verlassen. Das Ding mit der Komfort­zone ist trüge­risch. Einer­seits brau­chen wir sie, um uns unser gemüt­li­ches Nest und unseren Rückzug zu machen, aber wirk­li­ches Wachstum oder Verän­de­rung kann uns nicht passieren. Das Schöne ist hier im Seminar, auf der Helden­reise, kannst du für dich expe­ri­men­tieren. Wie ist es denn, wenn du dich Schritt für Schritt mal aus dem gewohnten Alltag aus den gewohnten Mustern heraus­wagst. Kann auch nur eine Zehen­spitze sein.

Diese Erfah­rung, dieses Auspro­bieren verbindet. Am Ende der Helden­reise fahren sechs ehemals Fremde, als fest verbun­dene Gruppe gemeinsam mit dem Zug nach Hause. Teil­neh­merin Tabea über­legt noch in der Bahn, wem sie die Helden­reise ans Herz legen möchte. Jeder hat irgendwas, was ein biss­chen blockiert; irgendwo, wo man nicht weiter­kommt; irgendwas, was einen einschränkt, zurück­hält oder irgendwas, wo man nicht so Zugriff dazu hat. Und es ist einfach eine schöne Möglich­keit, um da mal tiefer zu gehen und das einmal irgendwie zu unter­su­chen und ranzugehen.

Endhal­te­stelle Berliner Haupt­bahnhof: 7 Tage Pampa, 7 Tage gemeinsam in einem Raum verbringen, 7 Tage Selbst­er­fah­rung. „Das war eine kras­sere Reise, als mein Aufstieg zum Hima­laya.“ erklärt einer der Teil­nehmer. Ein schö­neres Kompli­ment könnte sich die Heldenreise­lei­tung wohl kaum ausdenken. Mein Wunsch ist es eben, an dieser Erfah­rung mehr Menschen teil­haben zu lassen und so Stück für Stück die Welt viel­leicht ein biss­chen besser aussehen zu lassen.

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